Fernsehwerbung
Fernsehwerbung gehört traditionell zu den wichtigsten Werbeformen von Agenturen. Diese Art der Werbung hatte Mitte und Ende des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. In den letzten Jahren hat Fernsehwerbung zugunsten von Online- und Streaming-Angeboten an Bedeutung verloren. Dennoch spielt diese Art der Werbung dennoch eine große Rolle, insbesondere für Anbieter, die ihre Produkte auch Endkunden gegenüber bewerben möchten. Somit kann man mit der technischen Veränderungen nicht von einer Ablösung der Werbeformen sprechen sondern vielmehr von einem Trendwechsel, denn ob TV-Gerät oder YouTube: Die Grundidee bleibt gleich: Der Kunde soll möglichst prägnant und präzise von einem Produkt oder einer Dienstleistung überzeugt werden.
Historischer Abriss der Fernsehwerbung
Die Geschichte der Fernsehwerbung dürfte mindestens so alt wie der Werbeträger sein. Die Grundidee – Produktinformationen und Werbung über Massenmedien ohne Umwege an den Konsumenten zu übertragen – hat ihren Ursprung in der Radiowerbung. Während das Bewerben eines Produktes oder Dienstleistungen in den meisten Verbreitungsgebieten bis weit in die 1940er Jahre auf ein oder maximal zwei Medium beschränkt wurde, konnte auf Grund der Vielzahl der neuen Medien in den 1940er und 1950er Jahren (größere Kinos, günstigere Radios, Fernseher, höhere Auflagenzahlen von Zeitungen), dasselbe Produkt auf unterschiedlichen Medien beworben werden. Während sich Printmedien gegen diese technische Entwicklungen wehrten, sorgten wegweisende Gerichtsurteile in den 1940er und 1950ern für eine Auflockerung des Marktes. Mitentscheidend war hier bspw. das Urteil des US-amerikanischen Obersten Gerichtshofes im Prozess Lorrain Journal Co. v. United States. In diesem Urteil von 1951 bestätigte der der oberste Gerichtshof in den USA, dass keine einzelne Kommunikationsform (in diesem Fall eine regionale Tageszeitung), Werbetreibenden ein Monopol aufzwingen konnten, indem sie einzelnen Unternehmen die Werbung in anderen Medien (in diesem konkreten Fall dem Radio) untersagte und mit Abschalten der Kampagnen drohte.
Der erste Spot in der Fernsehgeschichte reicht bis zum 1. Juli 1941 zurück, als ein Werbespot für Bulova-Uhren vor einem Baseball-Spiel der Brooklyn Dodgers und Philadelphia Phillies ausgestrahlt wurde. Die Werbung bestand aus einem klassischen Testbild der damaligen Zeit, die Uhrzeiger enthielt. Zusätzlich wurde der Name des Werbenden in der unteren rechten Ecke eingeblendet. Der Anbieter ließ sich den Spot zwischen $4 und $9 Dollar (etwa zwischen 50,00 EUR und 150,00 EUR in heutiger Währung) kosten.
In den 1950er Jahren wurde 1954 erstmals in Europa (Vereinigtes Königreich) ein Werbespot ausgestrahlt. Ein Jahr später erreichte die Fernsehwerbung auch Japan mit einem Spot für den Uhrenhersteller Seiko, der sich einem ähnlichen Konzept bediente wie Bulova in seinem ersten Spot.
Nachdem der Rundfunkrat am 4. Mai 1956 der Fernsehwerbung zustimmte, zeigte der Bayerische Rundfunk am 3. November 1956 zum ersten Mal einen Werbespot. Im Laufe der folgenden Jahre wurde im öffentlichen Rundfunk die Mischfinanzierung diskutiert und wurde in den 1990er Jahren quasi per Gerichtsbeschluss festgelegt: Öffentlich-rechtliche Sender dürfen in Deutschland Werbung betreiben, dürfen aber die daraus generierten Einnahmen nicht als Haupteinnahmequellen nutzen. Somit bleibt Werbung bis heute Teil des öffentlich-rechtlichen Abendprogramms, nimmt aber – im Vergleich zum privaten und Werbe-finanzierten Fernsehen – eine deutlich kleinere Rolle ein.
Fernsehwerbung und die Rechtsgrundlage in Deutschland
Die rechtlichen Grundlagen der Fernsehwerbung ist von Land zu Land unterschiedlich. Während bspw. Die politische Fernsehwerbung (bspw. für Parteien) in Deutschland in begrenztem Umfang erlaubt ist, gilt in Ländern wie Norwegen ein durchgängiges Verbot für politische Fernsehwerbung. Andererseits gibt es für andere Bereich einen breiten Konsens: In den meisten Ländern weltweit ist Tabakwerbung im Fernsehen mittlerweile verboten, so beispielsweise in den USA, Kanada, Australien und Deutschland.
Darüber hinaus gibt Sendungen, die laut Rundfunkstaatsvertrag durchgängig werbefrei sein müssen. Dazu gehören etwa Gottesdienstübertragungen sowie Nachrichtensendungen und Kindersendungen wenn sie kürzer als 30 Minuten sind. Darüber hinaus sind Schleichwerbung sowie unterschwellige Werbung ebenfalls mit einem Verbot belegt. Abschließend schreibt der Rundfunkstaatsvertrag auch die Trennung zwischen Programm und Werbung vor. Beide Elemente müssen getrennt sein. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk funktioniert dies durch animierte Figuren wie etwa mit den Mainzelmännchen im ZDF. Auch im Privatfernsehen trennen die Anbieter mit einem akkustischen oder optischen Banner zwischen Inhalten und Werbeblöcken.
Arten von Fernsehwerbung
In der Fernsehwerbung unterscheidet man traditionell zwischen Unterbrecherwerbung und Scharnierwerbung.
Unterbrecherwerbung
Während die Scharnierwerbung eine lange Tradition im Deutschen Fernsehen hat, ist die Unterbrecherwerbung relativ neu. Hier werden laufende Programme durch einen Werbeblock getrennt. Während bis vor einigen Jahren zwischen den Werbeblöcken stets eine Pause von mindestens 20 Minuten liegen musste, wurde diese Regulung zwischenzeitlich aufgeweicht. So können Sender mittlerweile bei natürlichen Pausen in den Sendungen (bspw. bei einer Halbzeitpause im Fußball oder bei einem Boxkampf) eine Werbepause mit mehreren Spots einblenden, ohne auf den zeitlichen Abstand achten zu müssen.
Diese Art der Werbung führt zu einem natürlichen Zuschauerverhalten, dem Zapping. Zuschauer schalten bei Werbeblöcken meist auf ein anderes Programm um dann zum aktuellen Programm zurückzuschalten sobald das Hauptprogramm wieder aufgenommen wird. Um dieser Gewohnheit entgegen zu wirken bedienen sich Kunden bspw. Den Countdown-Spots, bei denen eine eine rückwärts laufende Uhr einbeblendet wird, die anzeigt wann wieder zum Hauptprogramm zurück geschaltet wird. Eine andere Methode ist die Split-Screen-Werbung, in der sowohl das Hauptprogramm als auch die Werbung angezeigt wird.
Scharnierwerbung
Die Scharnierwerbung bezeichnet Werbeblöcke zwischen dem Ende des einen Programms und dem Beginn des anderen Programms. Diese Werbeblöcke sind oft länger als die Unterbrecherwerbung und spielen insbesondere bei Sport-Übertragungen eine wesentliche Rolle, insbesondere auch dort wo Werbeeinblendungen während den Sendungen reguliert ist, wie etwa im Kinderprogramm. Von der Scharnierwerbung abzugrenzen sind Programmhinweise und Hinweise in eigener Sache. Diese gelten nicht als Fernsehwerbung.
Fernsehwerbung in den USA
Im Vergleich zu Deutschland ist die Fernsehwerbung im Geburtsland dieser Werbeform vergleichsweise wenig reguliert. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Anteil der Werbung im US-amerikanischen Fernsehprogramm in den letzten Jahrzehnten deutlich erhöht hat. Während bspw. Die Übertragung eines 100-Minuten-Spielfilms zur Prime Time in den frühen 1960er Jahren mit Werbeinblendungen ca. 2 Stunden betrug, liegt die Übertragung dieses Films heutzutage bei rund 2 ½ Stunden.
Wie in Deutschland gibt es auch in den USA seit Beginn der 1970er Jahre ein Verbot von Tabakwerbung im Fernsehen. Auch bezüglich der Werbung für alkoholische Getränke gibt es in den USA gewisse Einschränkungen. So dürfen zwar diese Produkte beworben werden, es dürfen jedoch keine Menschen gezeigt werden, die Alkohol konsumieren. Darüber hinaus gibt es Sendezeiten in denen die Sender deutlich zwischen Werbung und Programm trennen müssen, damit jüngeren Zuschauer der Unterschied zwischen Werbung und Programm verdeutlicht wird.
Da die USA einer der wichtigsten Märkte für Fernsehwerbung sind, können die Kosten für das Platzieren eines solchen Spots schnell in acht- bis neunstellige Höhen schießen. So zählt beispielsweise ein Spot während des Super Bowls zu den teuersten Werbeplätzen der Welt. Aber auch sehr bekannte Fernsehserien mit hohen Einschaltquoten bieten Fernsehsendern eine lukrative Einnahme, da in diesem Bereich die werberelevante Zielgruppe zwischen 18 und 49 Jahren am ehesten einschaltet. Dabei ist auch die Länge der Werbespots in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Während der durchschnittliche Spot in den 1950er Jahren eine Minute lang war, hatten die Spots in den 1980er Jahren teilweise eine Länge von 15 Sekunden.
Fernsehwerbung in anderen Ländern
In den meisten anderen europäischen Ländern lässt sich die Fernsehwerbung mit der deutschen Art der Fernsehwerbung vergleichen: Deutlich längere Werbeblöcke, dafür deutlich kürzer. In Frankreich ist pro halbe Stunde lediglich ein Werbespot erlaubt. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist nach 20 Uhr keine Werbung mehr erlaubt. In Norwegen darf der Anteil der Werbeeinblendungen einen Anteil von 15% nicht übersteigen. Weder Alkohol noch Tabak noch politische Parteien dürfen im norwegischen Fernsehen beworben werden. In Neuseeland sind die Auflagen zur Fernsehwerbung dagegen wesentlich lockerer. In einem Programm mit einer Stunde Länge dürfen insgesamt vier Werbeblöcke eingeblendet werden. Insgesamt darf die Werbung nicht mehr als zwei Stunden Zeit einnehmen.
Charakteristika und Trends in der Fernsehwerbung
An kaum einem Medium ist die kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft derart deutlich abzulesen wie an der Fernsehwerbung. Während ein durchschnittlicher Spot in den 1950er Jahren 1 Minute dauerte, hat sich die Länge zwischenzeitlich deutlich reduziert. Auch der Inhalt hat sich stark verändert: Auf heutige Fernsehzuschauer wirken die Spots der 1950er Jahre oft unwirklich, gekünstelt und nicht sonderlich subtil. Kein Wunder, denn durch Aufkommen von Video- und Festplattenrekordern ab den 1980er Jahren konnten die Zuschauer die Werbung einfach vorspulen bzw. überspringen. Daher war es notwendig die Spots kurzweiliger und vor allem humorvoller und/oder aufregender zu gestalten.
Nicht nur Humor sondern auch Animationen sorgen dafür, dass sich Zuschauer emotional mit dem Produkt verbinden. Während Animationen in den frühen Jahren der Fernsehwerbung sowohl bei Spots für Erwachsene als auch bei Spots für Kinder eine Rolle spielten, hat sich deren Verwendung in den letzten Jahrzehnten deutlich auf das Kinderfernsehen verlagert. Prominente international bekannte Figuren sind bspw. Tony der Frosty-Tiger oder etwa das HB-Männchen.
Musik und Jingles
Musik spielt in der Fernsehwerbung spätestens seit den 1970er Jahren eine wesentliche Rolle. Die Musik dient hierbei einerseits als Hintergrundmusik, kann aber auch einen Slogan untermalen. Dabei wird regelmäßig sowohl auf bestehende und bekannte Musik zurückgegriffen oder aber auch neue Jingles komponiert. Erfolgreiche Kampagnen sorgen dafür, dass klassische Songs ein Revival erleben oder dass neue Jingles einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen. Während originale Kompositionen bis weit in die 2000er Jahre schlank und mit echten Instrumenten orchestriert waren, fand ab den 2000er Jahren die elektronische Musik immer stärker Verwendung in der Fernsehwerbung.
Werbeslogans
Slogans in der Werbung oder gewisse Werbesätze und Behauptungen verbreiten sich häufig innerhalb der Bevölkerung und erlangen eine gewisse Bekanntheit. Zu den international bekannten Klassikern zählt bspw. Der Slogan von Mastercard („Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen …“).
Bekannte Werbespots
In der deutschen Fernsehgeschichte gab es den einen oder anderen bekannten Spot, der über den Werbeblock hinaus für Aufmersamkeit sorgte. Diese Spots drangen nicht selten in das öffentliche Bewusstsein der Gesellschaft ein und wurden oft immitiert und kopiert.
Audi Quattro 2005: Skisprung-Schanze
Mit dem Audi einfach mal eine Skisprung-Schanze nach oben fahren? Für die Ingolstädter eine gute Gelegenheit um die Pferdestärke und Geländegängigkeit unter Beweis zu stellen. Natürlich alles nicht echt, dennoch eine gelungener Spot der für Aufsehen sorgte.
Sparkasse 1990er Jahre: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“
Kaum ein Slogan dürfte in frühen 1990er Jahren derart in die deutsche Sprache übergewandert sein wie dieser Slogan der Sparkassen-Werbung. Der Spot sollte unterstreichen, dass Kunden der Sparkasse durch die offenbar hervorragende Finanzberatung der Sparkasse sich ein ansehnliches Haus, Auto und Boot leisten können.
Saturn: „Geiz ist geil!“
In den frühen 2000er Jahre konnte Saturn mit Hilfe der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt einen echten Hit landen. Um das günstige Preisniveau zu unterstreichen, stellte Saturn die Eigenschaft des Geizes als etwas positives da. Wer geizig ist solle demnach nicht bei der teuren Konkurrenz einkaufen sondern bei Saturn.
Weitere Klassiker
Es gibt einige Werbeslogans die sich seit Erstausstrahlung kaum verändert haben oder durch Kopie in ähnlichen Produkten oder Marken weiter gelebt haben. Zu den bekanntesten gehört bspw. „Haribo macht Kinder froh … und Erwachsene ebenso!“, „Nichts geht über Bärenmarke, Bärenmarke zum Kaffee“, „Pack den Tiger in den Tank“ von Esso sowie „Wäscht so sauber, dass man sich drin spiegeln kann …“ von Meister Proper.
Fernsehwerbung und Werbeagenturen
Für die Entwicklung der Werbung zeichnen sich traditionell Werbeagenturen verantwortlich. Wie bei der Fernseh- und Radiowerbung erhalten Werbeagenturen eine Provision für die Entwicklung und die Vermittlung eines Werbespots. Die Höhe der Provision hängt hierbei von dem Aufwand sowie dem Werbeplatz ab. In den letzten Jahren wird jedoch auch deutlich, dass Werbeagenturen – auch auf Grund der Nachfrage von Werbung – die Relevanz ein Stück weit verlieren. Während zahlreiche klassische Werbe-Dienstleistungen wie Logo-Erstellung oder Markenentwicklung breigefächert angeboten werden, gibt es im Vergleich dazu nur wenige große Agenturen und Agentur-Netzwerke, die Fernsehwerbung als Dienstleistung anbieten, in einem solchen Fall meist im Rahmen einer größeren Kampagne.
Zukunft der Fernsehwerbung
Obwohl die Relevanz von Fernsehwerbung durch das Internet sowie Streaming-Plattform zurück gegangen ist, ist derzeit nicht davon auszugehen, dass das Medium stark an Tragweite verlieren wird. Stattdessen kann davon ausgegangen werden, dass sich alle Beteiligten den Medien anpassen. Sollten sich beispielsweise große Streaming-Anbieter dazu entscheiden zukünftig (mehr) Werbung auf ihren Plattformen auszustrahlen, würde sich hier ein völlig neuer Marktbereich öffnen und die älteren Segmente (wie bspw. Die Unterbrecher-Werbung im Privatfernsehen) in den Hintergrund rücken lassen. Zusammenfassend kann jedoch festgestellt werden, dass sich die Werbung auf Grud der technischen Entwicklungen und der Konsumgewohnheiten der werberelevanten Zielgruppe deutlich verändert hat und auch zukünftig von einer Veränderung ausgegangen werden kann.